SAALWÄCHTER, Carsten
Germany, Rheinhessen
In Punkto Riesling genießen wir in Deutschland ein weltweit anerkanntes Renommee, aber auch bei den Burgunder-Sorten tut sich inzwischen eine ganze Menge. Dass Spätburgunder, alias Pinot Noir, eine echte Diva ist, das mussten auch die deutschen Winzer/-innen erfahren, als sie ihre Spätburgunder, wie im Burgund üblich, ins kleine Holzfass legten. Inzwischen haben aber nicht nur unsere renommierten Winzer/-innen dieses perfektioniert. Zunehmend tauchen auch junge Talente auf, die über eine ganz besondere Begabung, aber gleichzeitig auch, wie hier im Fall Carsten Saalwächters, über eine satte Portion Erfahrung und Können verfügen. Denn sie haben bei den Besten ihrer Zunft, sowohl in Deutschland als auch im Mutterland dieser Rebsorte, im Burgund, gearbeitet und viel gelernt.
Weinmachen ist Handwerk; Erfahrung und Intuition sind hier zwei wichtige Grundpfeiler. Aus diesem Grund hat sich Carsten Saalwächter auch entschlossen, nach der Schule nicht sofort nach Geisenheim auf die Hochschule für Weinbau zu gehen, sondern das Weinmachen von der Pieke auf bei verschiedenen Weingütern zu erlernen. Dass er damals, mit gerade mal 18 Jahren, bereits ehrgeizig war und feste Ziele vor Augen hatte, das beweist die Auswahl seiner Ausbildungsbetriebe. Sein erster Betrieb, das Weingut Schnaitmann in Württemberg, ist nicht nur ein Top-Betrieb, sondern dort hatte Carsten mit Rainer Schnaitmann auch einen echten Visionär gefunden. Weitere Top-Adressen folgten, darunter Hanspeter Ziereisen aus Effringen-Kirchen, Jean Stodden an der Ahr, Benedikt Baltes in Klingenberg und Friedrich Becker in der Pfalz. Die Wahl eben dieser Betriebe zeigt auch, in welche Richtung es bei ihm gehen sollte, nämlich in die Burgunder-Richtung.
Ingelheim am Rhein, wo das Weingut der Familie Saalwächter seit 1863 beheimatet ist, ist historisch gesehen Burgunder-Land. Anders als in weiten Teilen Rheinhessens hat es in Ingelheim nie eine Flurbereinigung gegeben, deshalb gibt es hier zum einen noch viele alte Reben, zum anderen aber auch eine wunderbare Vielzahl kleiner, individueller Weinbergsparzellen. Insgesamt 48 sind es, verteilt auf nur 500 Hektar. Ein Blick in Restaurant-Weinkarten um 1920, zum Beispiel in die vom Hotel Adlon in Berlin- zeigt, dass damals die Spätburgunder aus Ingelheim, vor allem die aus Assmanshausen, teurer gehandelt wurden als Beispielsweise die großen Chateaux aus dem Bordelais.
Wenn es um das Thema Burgundersorten geht, dann ist das Burgund auch heute das Maß aller Dinge. Deshalb war es für Carsten Saalwächter selbstverständlich, dass er auch hier Erfahrung sammeln wollte. Seinen letzten Schliff holte er sich bei keinem geringeren als dem Altmeister Thierry Brouin auf Clos de Lambray in Morey-Saint-Denis. Erst jetzt, nach zehn Lehr- und Wanderjahren, holte Carsten Saalwächter die Theorie nach, auf der Lehr- und Versuchsanstalt für Weinbau in Veitshöchheim. Zum Thema Weinbauschule merkt Carsten Saalwächter nachträglich gerne an: „Das was ich während meiner Lehr-und Wanderjahre alles gelernt habe, das hilft mir heute mehr, um meine Ziele zu erreichen, als die Formel für die alkoholische Gärung“
Knapp zehn Jahre hat sich Carsten Saalwächter Zeit genommen, bevor er auf das elterliche Weingut nach Ingelheim zurückkehrte. Das mag erklären, warum er vom Stand weg mit seinem ersten Jahrgang, den 2017er, als DER Shootingstar in der deutschen Burgunder-Szene gehandelt wurde. Erfahrung hat er reichlich gesammelt und während dieser Zeit hat er aber auch gelernt, dass zum Weinmachen Intuition gehört. Dass er genau diese besitzt, sieht man daran, mit wieviel Fingerspitzengefühl er Jahr für Jahr weiter an der Feineinstellung diverser Stellschrauben arbeitet um die Qualität, aber vor allem auch die Authentizität, seiner Weine weiter zu entwickeln. Gerade das Thema Authentizität, also die schmeckbare Herkunft, liegt ihm besonders am Herzen. Deswegen hat er sich lange damit beschäftigt was seinerzeit, also vor 100 Jahren, das besondere Renommee der Weine aus Ingelheim und Assmanshausen begründete. Dazu hat er unter anderem Weine aus dem Assmanshausen Höllenberg zurück bis in die 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts verkostet. Was diese Weine ausmacht, ist ihre kühle Eleganz, ihre Klarheit und Finesse, welche sie bei gerademal 12% bis 12,5% Alkohol besitzen, all das kann man auch heute noch schön erkennen. Genau hieran möchte Carsten Saalwächter mit seinen Spätburgundern anknüpfen und setzt sich so von den meisten seiner Nachbarn ab, bei denen die Spätburgunder heute 13,5%, manchmal sogar 14,5% Alkohol aufweisen.
In Ingelheim und in Assmanshausen stehen seine Reben, wobei die in Assmanshausen erst 2017 neu dazugekommen sind. Warum Assmanshausen?
Zum einen, weil, wie bereits erwähnt, der Höllenberg das historisch berühmteste Rotwein-Terroir in Deutschland ist, aber auch weil es Carsten Saalwächter gereizt hat, Spätburgunder von zwei komplett unterschiedlichen Böden zu vinifizieren. Während in Ingelheim reinster Kalk vorherrscht, finden wir im Assmannshäuser Höllenberg Schiefer. Carsten Saalwächter vinifiziert seine Spätburgunder vom Grundsatz her identisch, dennoch kommen final zwei grundverschiedene Weintypen heraus. Die aus Ingelheim präsentieren sich verspielt und feinduftig, während die aus Assmanshausen dunkel in der Frucht und mehr Kern aufweisen.
Um feine, kühlfruchtige Rotweine zu gewinnen liest Carsten Saalwächter punktgenau und vor allem sehr zügig. Physiologische Reife ja, aber auf keinen Fall Überreife, es gilt die Frische des Spätburgunders zu bewahren. Je nach Lage werden die Trauben nur teilweise entrappt. Bei den Ingelheimern sind es 20-25% ganze Trauben mit Rappen, bei den Assmannshäusern inzwischen weniger, die ganz traditionell nach Burgunder-Art im offen Maischebottich vergären. Dabei praktiziert Carsten Saalwächter eine 2-3- tägige Kaltmazeration bevor die Trauben von alleine auf den eigenen Hefen zu gären beginnen. Auf eine Pigage, das Untertauchen des Tresterhutes, verzichtet er dabei weitgehend, setzt lieber auf ein sanftes Überspülen, um so das Extrahieren vor allem der Tannine zu reduzieren. Danach kommen die Weine direkt in Barriques von unterschiedlicher Größe, es sind fast ausschließlich gebrauchte. Für Carsten Saalwächter dient das kleine Holzfass mit seiner feinen Oxidation zum Ausbau der Weine, es soll jedoch nicht den Geschmack des Weines beeinflussen. Während der Vinifikation und während des gesamten Ausbaus verzichtet er komplett auf die Zugabe von Schwefel. Die eigenen, wilden Hefen halten den Wein während dieser Zeit stabil und können so ihr komplexes Aromenprofil entfalten. Abgefüllt wird ohne jegliche Schönung oder Filtration, erst jetzt wird der Wein ganz leicht geschwefelt. All das erinnert an die Arbeitsweise der besten Domainen in Burgund. Dass die Weine von Carsten Saalwächter dennoch anders sind als diese, das liegt ganz einfach daran, dass er die feine Intuition besitzt, seine Lagen in seinen Weinen sprechen zu lassen.
Nicht nur bei seinen Roten, auch bei den Weißweinen beweist Carsten Saalwächter ein echtes Händchen. Dabei versteht er es, aus jeder Rebsorte jeweils etwas Besonderes herauszukitzeln, sei es beim Silvaner oder beim Weißburgunder. Was alle seine Weißweine auszeichnet ist eine Natürlichkeit und innere Ruhe, hier wirkt nichts aufgesetzt.
Nicht umsonst also wird Carsten Saalwächter als DER neue Shootingstar in der deutschen Burgunderszene gehandelt, wobei wir hier anmerken möchten, dass er erst ganz am Anfang steht. Wir werden also in den kommenden Jahren sicher noch einiges von ihm hören.