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Vergleichbar mit jener Entwicklung, die in Burgund bereits vor 20 Jahren eingesetzt hat, kommt jetzt auch die Champagne dank einer neuen, jungen Winzergeneration qualitativ in Bewegung. Auch hier übernehmen immer mehr junge und gut ausgebildete Winzer das Erbe ihrer Väter. Sie lösen ihre Lieferverträge mit den renommierten Handelshäusern, die in der Champagne nicht Bouchard oder Latour sondenr z.B. Moet&Chandon oder Bollinger heißen und stellen inzwischen lieber ihren eigen Champagner her. Was seinerzeit im Burgund für einen enormen Qualitätsschub sorgte, das bewirkt Gleiches jetzt auch in der Champagne.
Seit Dom Perignon, also seit dem 18. Jahrhundert, geben in der Champagne großen Häuser und Marken den Ton an. Ihr Zauberwort lautet seit jeher „Cuvée“ oder „Blending“ was so viel wie das perfekte Vermählen verschiedener Komponenten bedeutet: Von allen drei zugelassenen Rebsorten (Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier) werden Grundweine aus möglichst allen Subregionen der Champagne verwendet und das aus möglichst mehreren, verschiedenen, auch älteren Jahrgängen. Hieraus komponieren die Kellermeister Jahr für Jahr den für ihr Haus bekannten Stil und eine konstante, hohe Qualität.
Was aber kann die neue Generation in der Champagne was z.B. Bollinger, Krug und Co. nicht auch könnten. Sie bringt mit dem Begriff „Terroir“ eine neue Dimension, nämlich eine besondere Herkunft oder Lage zusätzlich mit ins Spiel. Was wir aus dem Burgund seit jeher kennen, das ist für die Champagne neu. Der Grund dafür liegt in Art und Weise wie in der Champagne im Jahr 1927 gewisse Bereiche als 1er oder Grand Cru klassifiziert wurden. Anders als Im Burgund wurden seinerzeit nicht Weinberge sondern immer gleich ganze Dörfer als 1er- oder Grand Cru eingestuft. Das Dorf Cramant zum Beispiel erhielt komplett den Status als Grand Cru während Vertus als 1er Cru eingestuft wurde. Ausschlaggebend für die jeweilige Klassifizierung waren zwei Parameter: Die durchschnittliche Qualität der Trauben und der durchschnittliche Reifegrad der Trauben des gesamten Dorfes. Es ist auf den ersten Blick erkennbar, dass diese Klassifizierung in keiner Weise jene Präzision besitzt, wie sie Burgund vorzuweisen hat. Letztendlich wurzelt die Klassifizierung Burgunds auf dem jahrhundertealten Wissen, dass einzelnen Weinberge (und nicht Dörfer) über viele Generationen hinweg kontinuierlich die besten Weine des Dorfes hervorgebracht haben. Der Begriff „Terroir“ hat also in der Champagne bei weitem nicht das gleiche Gewicht wie in Burgund.
Und dennoch bringt die neue Winzergeneration eben diesen Begriff jetzt neu mit ins Spiel. Sicher ist es kein Fehler, wenn die Weinberge in einem 1er- oder Grand Cru Dorf liegen. Da aber, wie bereits erwähnt, immer gleich das ganze Dorf und nicht einzelne Weinberge klassifiziert wurden, gilt es hier die naturgemäßen Unterschiede herauszuarbeiten. Deshalb haben die jungen Winzer in der Champagne in den letzten Jahren viel Zeit und Energie in ihre Weinberge investiert. Dazu wurden die Erträge zum Teil drastisch reduziert. Tatsache ist, dass die Champagne die höchsten gesetzlich zugelassene Hektarerträge aller AOC-Regionen in Frankreich hat und diese nicht selten noch überschreitet. Mit maßvollen Erträgen und einer gezielten Rekultivierung der einzelnen Lagen mittels aufwendiger, biologischer und manueller Bodenbearbeitung kitzelt die neue Winzergeneration in der Champagne heute Geschmackserlebnisse ins Glas die nicht von ungefähr weißen Burgundern gleichen. Penibel wie die Elite Burgunds ihre Grand Cru Lagen wie einen Garten hegt und pflegt, so arbeiten viele junge Champagne-Winzer heute auch in ihren Weinbergen. Denn nur so kann man dem Boden seine Besonderheiten, eben sein „Terroir“ abgewinnen. Nicht das Verschneiden möglich vieler verschiedener Lagen und Jahrgänge bestimmt deshalb die Arbeit dieser jungen Winzer, sondern das Herausarbeiten und Herausstellen ihrer besonderen Lagen. So entstehen in der Champagne ganz neue Geschmackserlebnisse. Wie ernst selbst die großen Marken die neue Winzergeneration in ihrer Region nehmen, das erkennt man daran, dass auch sie neben ihren klassischen Cuvées zunehmend Champagner aus Einzellagen auf den Markt bringen.